Von den 122 Millionen Pferden weltweit sind höchstens 10% klinisch gesund. Ca. 10% (12,2 Mio.) sind klinisch unnutzbar lahm. Die restlichen 80% (97,6 Mio.) dieser Pferde sind etwas lahm ... und haben den Gesundheitstest nicht bestanden.

Zitat: American Farriers Journal, November 2000, Vol. 26 #6, Seite 5

 

 

Wer gut mit Pferden umgehen kann hört sie sprechen, wer sehr gut mit Pferden umgehen kann hört sie flüstern, wer nicht mit ihnen umgehen kann hört sie noch nicht einmal schreien.

 

 

 

 

 

 

"Bewegung kann nur durch noch mehr Bewegung ersetzt werden."

Zitat: Detlev Urban, Inhaber des Barhuf-Instituts, Deutschland

 

 

 

 

 

 

Das Konzept Paddock Trail

Unter der Bezeichnung "Paddock Paradise" veröffentlichte Jaime Jackson 2006 sein Buch über die gesunde Pferdehaltung. Dieses Buch versucht, die Lehren aus der Wildnis in praktisch umsetzbare Konzepte zur gesunden und naturnahem Haltung von Pferden umzusetzen. Urspünglich schrieb Jackson, dass sein Konzept nichts fertiges und nichts dogmatisches sei. Er ermunterte alle Pferdehalter, diese Haltungsform auszuprobieren und ihm auch Erfahrungen mitzuteilen. Seit 2011 ist die Situation nun leider so, dass versucht wird, "Paddock Paradise" als Handelsmarke zu etablieren und damit Geld zu verdienen. Wir gehen wie eingangs schon beschrieben diese Entwicklung nicht mit und stellen unsere Arbeit, unsere Erfahrungen unter dem Begriff "Paddock Trail" vor und für jeden zur Nachahmung, Anpassung und Weiterentwicklung zur Verfügung.

Im Gegensatz zur heutigen Situation bei "Paddock Paradise" soll Paddock Trail explizit ein offenes Konzept bleiben. Es werden erste Richtlinien gegeben, wie man die Haltung der Tiere mit ganz einfachen Mitteln sehr nah an eine Situation wie sie in der Wildnis stattfindet heranbringen kann. Dies sind aber Anhaltspunkte und Empfehlungen - keine zwangsweise zu erfüllenden Bedingungen. Die reale Umsetzung wird in jedem konkreten Fall anders sein - entsprechend den jeweils gegebenen Bedingungen. In den USA wurden seit 2006 bereits vielfach sehr gute Erfahrungen mit der Realisierung dieses Haltungskonzeptes gemacht. (siehe u.a. den diesbezüglichen Artikel von Becky Overland). Erfreulicherweise entstehen auch in Europa und besonders hier in Deutschland immer mehr Anlagen nach dem Prinzip von Paddock Trail.

Auch wenn eine Pferdehaltung nur manche Teile von Paddock Trail umsetzt bzw. umsetzen kann wird sich die Situation der Tiere verbessern. Jede echte Verbesserung ist ein Schritt in die richtige Richtung und somit zu begrüßen.

Worum geht es konkret?

Die Lektionen aus der Wildnis liefern folgende Grundaussagen:

  • Wildpferde sind gesund
  • Wildpferde haben gesunde, robuste Hufe
  • Wildpferde legen vergleichsweise große Tageskilometerleistungen (15- 30 km) zurück
  • Wildpferde sind fast ständig in Bewegung
  • sie bewegen sich auf immer gleichen Wegen in ihrem Territorium, eben den Trails
  • sie folgen ihren Gewohnheiten
  • in sehr unangenehmen Wetter- und Futtersituationen weichen sie aus und wandern dahin wo es besser ist, durchaus schon mal 100km und mehr an einem Tag
  • Wildpferde gehen über alle Böden ohne erkennbare Probleme
  • die sogenannte 95/5-Regel sagt aus, dass die Tiere 95% der Tageszeit ihren gewohnten normalen "Tätigkeiten" nachgehen und nur 5% der Zeit für außergewöhnliche Dinge verwenden wie Toben, Spielen, Rangkämpfe, Flucht, Fortpflanzung usw.
  • 16 - 18 Stunden täglich fressen die Tiere kontinuierlich kleine Mengen von Bodenniveau und bewegen sich im Schritt, diese Zeit verteilt sich sowohl über die Tages- als auch über die Nachtstunden
  • die Herden (oder Familienverbände) bleiben zumeist lange Zeit in ihren angestammten Revieren und verlassen diese nur mit triftigen Gründen

Umsetzung

Selbst in Amerika dürfte kein Pferdehalter so viel Fläche besitzen, dass er die Pferde in auch nur annähernd so großen Revieren halten könnte wie es die Wildpferde haben. Das wäre natürlich auch nicht zweckmäßig, müsste man doch Stunden um Stunden aufwenden wenn man die Tiere benötigt. In Europa, speziell in Deutschland, ist die Situation der zur Verfügung stehenden Flächen noch um einiges eingeschränkter. Der Hauptgrund für die Gesundheit der Wildpferde dürfte unbestritten in der kontinuierlichen Bewegung liegen. Um diese zu erreichen braucht es entweder gigantische Flächen oder "unendliche Wege".

Diese unendlichen Wege lassen sich relativ leicht erzeugen durch Wege, die letztendlich im Kreis herum führen. Dieser Kreis kann natürlich jegliche geometrische Form haben - Quadrate, Rechtecke mit Schleifen und Abkürzungen, Ausweichwegen usw. usf. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Die notwendige Bewegung wird dadurch erzeugt, in dem entlang dieses Trails viele kleine Futterstellen - im einfachsten Fall einfach Heuhaufen - angelegt werden. (siehe dazu auch den Teil Heufütterungen) Kleine Futterstellen verhindern, dass viele Tiere gleichzeitig daran fressen können. Die Herdendynamik (Rangordnung) erledigt den Rest. Dabei sollte Abwechslung groß geschrieben werden. Heustellen wechseln sich ab mit Mineral- und Salzstellen. Idealerweise auf Bodenniveau anstatt auf dem Halter. Die Pferde finden die Stellen und scharren sie aus (-> kostenlose Hufpflege!)

Das Wasserangebot sollte möglichst weit entfernt vom Futterangebot sein. Also müssen sich die Tiere wieder bewegen zum Wasser. Weitere Angebote können Wälzstellen sein - sowohl mit Schlamm als auch mit Sand, Unterstände sind wichtig in ausreichender Zahl und Qualität.

Diese Skizze zeigt ein einfaches Schema wie es auf den meisten herkömmlichen Koppeln so oder ähnlich mit wenig Aufwand hergerichtet werden kann:

Der innere Bereich erfährt eine zweifache Nutzung. Zum einen als Bereich zum Toben, Spielen und auch zum Grasen in den 5% der Zeit. Zum anderen ist er die ideale Fläche, um z.B. selbst Heu zu produzieren.

Der Weg - der sogenannte Trail - wird nach kurzer Zeit so oder so relativ frei von Gras sein. Das ist gut für die Pferde, nehmen sie so doch vermehrt Raufutter in Form von Heu auf. Es empfiehlt sich, den Trail möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Unebenheiten, Hangigkeit, Böschungen usw. gymnastizieren die Pferde besser als das Longieren auf dem flachen Zirkel. Die Bodenbeschaffenheit des Trails sollte in etwa der, der normalen Arbeitsbedingungen des Pferdes entsprechen. Also auch Schotterpassagen, Steine, Pflaster, Sand usw. enthalten. Je nachdem, wie die Wege zum Reiten und Fahren normalerweise sind. Das führt dazu, dass sich die Hufe an diese Gegebenheiten anpassen und so keine Probleme mehr bei der Arbeit auf diesen Böden entstehen.

Ganz wichtig für den Betrieb eines Paddock Trail sind die kontinuierliche Bereitstellung des Futterangebotes (möglichst rund um die Uhr). Hier ist je nach Gegebenheiten mehrfaches Ausbringen von Heu, Nutzung von Heunetzen usw. sinnvoll. Ebenso wichtig ist die Hygiene auf dem Trail. Da unser Weg seine "Unendlichkeit" aus der Kreisform bezieht und die Tiere damit immer wieder an den gleichen Stellen vorbei kommen ist mindestens tägliches Entfernen des Dungs zwingend notwendig!

Effekte

Was bekommt man, wenn man dieses Konzept umsetzt? In letzter Konsequenz erhalten wir robuste und gesunde Pferde, die sich wohl fühlen und ein ausgeglichenes Wesen an den Tag legen da sie in ihrer normalen Herdenstruktur normale Pferdetage erleben dürfen. Folgendes sind die unmittelbaren Vorteile:

  • gesündere bzw. richtig gesunde Hufe
  • gesunde und robuste Pferde
  • die Pferde sind ständig einsatzbereit und müssen nicht erst warm geritten werden - sie sind warm
  • Zahngesundheit durch Futteraufnahme von Bodenniveau
  • etwas weniger Arbeit als z.B. bei Boxenhaltung, die Einstreu entfällt komplett
  • der Anfall von Mist reduziert sich auf den Dung und kleine Mengen Stroh, Späne o.ä. die ggf. in den Unterständen zu wechseln sind
  • mental ausgeglichene Pferde
  • Pferde mit einer wirklich guten Verdauung
  • Vermeidung von Krankheiten wie z.B. Hufrehe durch Aufnahme fruktanreichens Grases von der Koppel